Der christliche Glauben hielt in der
Harzregion, gemessen an anderen deutschen Regionen, erst spät
Einzug. Karl der Große brachte das Christentum und unterwarf die
Sachsen, die aber taten sich anfangs schwer mit dem neuen Glauben.
Der sächsische Adel erkannte aber schnell welche machtpolitischen
Möglichkeiten das Christentum eröffnete und forcierte seine
Verbreitung entscheidend.
Mit dem Übergang der Königswürde auf das sächsische Geschlecht der
Luidolfinger verlagerte sich das Zentrum des Königreichs in die
Harzregion. Das 10. und 11. Jahrhundert prägten durch die häufige
Anwesenheit der deutschen Könige und die dadurch unterhaltenen
Königspfalzen die Harzregion bis heute. Viele Dörfer und Städte
entstanden und der Klerus sicherte sich überall seine Pfründe. Die
Könige und die anderen Grundherren erkannten auch die Möglichkeiten
neben der ewigen Seligkeit durch die Gründung von Klöstern und
Stiften, auch die Sicherung von Macht, Einfluss und Vermögen zu
gewährleisten. Die Harzregion war daher reich an Kirchen und
Kapellen, besonders aber auch an Klöstern. Deren Anzahl wuchs über
das Mittelalter ständig an, somit auch die Anzahl der kirchlichen
Würdenträger.
So hatte Halberstadt zu Beginn des 16. Jahrhunderts neben dem Dom
drei weitere Kirchen mit zahlreichen Geistlichen, Kirchenherren,
Kaplänen und Vikaren. Dazu kamen noch 6 Klöster mit den zugehörigen
Klosterkirchen und den Mönchen oder Nonnen die dort lebten.
Quedlinburg hatte neben dem Stift mit Stiftskirche drei weitere
Kirchen sowie drei Klöster. Die Stiftskirche mit Krypta und
Oberkirche hatten allein 23 Altäre mit entsprechenden Pfarren,
Altaristen, Vikaren und Kanonikern. Im Ganzen gab es damals in
Quedlinburg 70 Altäre mit entsprechenden Klerikern. Die alte
Kaiserstadt Goslar hatte, alles in allem, etwa 50 kirchliche
Gebäude. Eduard Jacobs berechnete für die kleine Stadt Stolberg die
Anzahl der Geistlichen auf 30 Personen, dabei hatte Stolberg kein
Kloster. Statistisch waren etwa 1,5 Prozent der Bevölkerung
Geistliche.
Über Jahrhunderte wurde der Zehnt, also der zehnte Teil des
Einkommens, ursprünglich der Getreide- oder Blutzehnt (Fleisch), von
der Kirche als Abgabe erhoben.
Aber die vielen kirchlichen Gebäude mussten unterhalten werden, was
mit zunehmendem Alter aufwendiger wurde, die Innenausstattung kam
hinzu, die Kultusbedürfnisse forderten Geld und auch die Geistlichen
wollten bezahlt werden. Auch war die Anzahl der kirchlichen
Feiertage auf eine enorme Anzahl angewachsen. Neben den Sonntagen
gab es etwa ebenso viele Feiertage, so dass etwa jeder vierte Tag
ein kirchlicher Feiertag war. Auch hatten viele Adlige erkannt, dass
es sich in kirchlichen Würden gut leben ließ und machtvolle
Positionen zu bekleiden waren. Kein Wunder also, dass viele Adlige,
insbesondere wenn keine große Erbschaft zu erwarten war, in
kirchliche Ämter drängte. Für alle diese Ausgaben reichten einfach
die Einnahmen nicht mehr aus. Aber der Klerus war einfallsreich:
nach den Gottesdiensten wurden Kollekten eingesammelt, es wurden
gegen Geld Seelenmessen abgehalten. Kranken und Sterbenden wurde das
Fegefeuer und die Höllenqualen in den krassesten Farben ausgemalt,
als einziger Ausweg wurde die Nachlassüberschreibung angeboten.
Aber auch diese Einnahmen deckten die Ausgaben nicht mehr. Hohe wie
auch niedere Geistliche hatten zum Ende des Mittelalters oftmals den
tugendhaften Weg verlassen, den sie der Bevölkerung predigten. Die
geistlichen Obliegenheiten wurden vernachlässigt und die leiblichen
wurden gepflegt. Zahlreiche Sagen berichten von Fleischeslust
zwischen Mönchen und Nonnen. Der Graf von Stolberg-Wernigerode
musste den Stiftherren der Sylvestri-Kirche in Wernigerode mit dem
Entzug ihrer Stiftstellen drohen, wenn sie nicht die nächtlichen
Orgien mit den „schönen Fräuleins“ ließen. In Quedlinburg hatte die
Pröpstin des Stifts, Katharina Schenk von Trautenberg ein Verhältnis
mit dem Schlosspriester Malbitz, das nicht ohne Folgen blieb.
Schon im 15. Jahrhundert begannen sich zunehmend Menschen von der
Kirche zu entfremden, das Missverhältnis zwischen den christlichen
Geboten, dem wahren kirchlichen Leben und der Lebenswirklichkeit der
Bevölkerung waren Gründe dafür.
Die Lehren und Thesen des kirchlichen Reformators Jan Hus waren
schon zu Beginn des 15. Jahrhunderts bis in die Harzregion
vorgedrungen. Wer dessen Lehren verbreitete wurde als Ketzer
angesehen und mit dem Feuertod bestraft. Aus der Grafschaft
Stolberg-Wernigerode sind für das 15. Jahrhundert aus sechs Jahren
Ketzerverbrennungen überliefert, allein 1454 sollen dort 30 Ketzer
mit dem Feuertod gerichtet worden sein.
Mit Beginn der Reformation durch Martin Luther im Jahr 1517 spitzte
sich die Abwendung von der Katholischen Kirche in der Harzregion
besonders zu. Kein Wunder stammte dieser doch aus der Grafschaft
Mansfeld und hatte dort auch seinen Tätigkeitsmittelpunkt. Auch die
Mansfelder Grafen unterstützten Martin Luther und seine kirchliche
Reformation. Der Harzer Bauernkriegsführer Thomas Müntzer war ein
glühender Verehrer Luthers, auch wenn er sich später von dessen
Lehren abwandte. Die Menschen waren nicht mehr Willens, die Bürden
und Lasten der Katholischen Kirche zu tragen, Luther bestärkte sie
und Müntzer forderte sogar die Freiheit aller Christenmenschen.
Weitere Informationen:
Thomas Müntzer
> 1. Ursachen und Umfeld
> 2. Das
Harzgebiet im Deutschen Bauernkrieg
>
3. Die territoriale Zersplitterung der Harzregion
> 4.
Die Situation der Bauernschaft
> 5. Die
Städte der Harzregion
>
6.
Der Bergbau und das Hüttenwesen
> 7. Die Rolle der Kirche im Bauenrkrieg
>
8. Harzer Klöster im Bauernkrieg
> 9. Die Grafschaft Mansfeld im Bauernkrieg
> 10. Die sächsischen Ämter Sangerhausen und Salza
> 11. Die Grafschaft Stolberg im Bauernkrieg
> 12. Die
Grafschaft Hohnstein im Bauernkrieg
>
13. Das Reichsstift Walkenried im Bauernkrieg
> 14.
Die Grafschaft Schwarzburg im Bauernkrieg
> 15. Die
Herrschaft Wernigerode im Bauernkrieg
> 16. Die
Grafschaft Blankenburg im Bauernkrieg
> 17. Die Grafschaft Anhalt-Ballenstedt im Bauernkrieg
> 18. Das Fürstbistum Halberstadt im
Bauernkrieg
> 19. Goslar im Bauernkrieg
> 20. Allstedt im Bauernkrieg
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