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Vom frühen Volksschulwesen im Harz

Im Mittelalter waren Bildung und damit Schule und Studium ein Privileg von Adel, Klerus und gehobenem Bürgertum. Dem einfachen Volk wurden gemäß dem 4. Laterankonzil im Jahr 1215 bis zum ausgehenden Mittelalter nur Grundlagen des Christlichen Glaubens gelehrt.
Mit dem Beginn der Reformation 1517 entstanden erste Ansätze von Volksbildung. Als älteste protestantische Volksschule wird die „Alte Elementarschule“ in Gernrode angesehen, die bereits 1533 erstmals erwähnt wurde. Initiator war der Gernröder Pastor Stephan Molitor, der die Äbtissin Anna von Plauen von seinem Vorhaben überzeugte.

Es dauerte aber noch bis zur Aufklärung (17.- 18.Jahrhundert), bevor die weltlichen Herrscher sich ernsthaft für die Elementarbildung ihrer Untertanen interessierten. Zuerst zog die schulische Bildung dann in die Städte, wo die Bürger nach Schreib- und Lesekenntnissen verlangten, denn die waren in Handel und Handwerk inzwischen unerlässlich geworden. In den ländlichen Gegenden des Harzgebietes, die bäuerlich geprägt waren, bestand hingegen wenig Interesse. Die Bauern sahen in einer geistigen Bildung einen eher sinnlosen Eingriff in ihre Arbeitswelt. Mussten sie doch ohnehin schon jede Woche zwei Tage Frondienst für ihre Grundherrschaft leisten ohne dafür auch nur einen Pfennig zu bekommen. Nun sollten die Kinder, die billigsten Arbeitskräfte, auch noch für einen Teil des Tages in die Schule gehen und somit für die Arbeit entzogen werden. Das war für sie ein „Zierrat, ohne den man glücklich leben und auch selig sterben konnte.“ Besonders der kulturell interessierte und aufgeschlossenen Herzog Julius zu Braunschweig-Wolfenbüttel begann ein zartes Kulturpflänzchen „Schule“ zu säen und erließ 1568 eine Schulordnung. Dann aber folgte bald der Dreißigjährige Krieg mit seinen Fehden und Verheerungen und wirkte wie ein Hagelschlag auf das zarte Pflänzchen. Trotzdem hatte dann Herzog August von Braunschweig als erster in der Harzregion den Mut im letzten Kriegsjahr 1647, den Schulzwang einzuführen. Preußen folgte erst 1716, die anderen Herrschaftsgebiete noch später.

Herzog Augusts Schulpläne eilten der Zeit weit voraus. Er forderte für jedes Dorf eine Schule. Waren die Küster bis dato oftmals Bauern oder Handwerker, so forderte der Herzog diese Ämter nur noch mit Leuten zu besetzen, die auch Lesen, Schreiben und Rechnen können und auch Latein sollten die Amtsinhaber unterrichten können. Doch die herzoglichen Pläne ließen sich nicht umsetzen, es fehlte einfach an Lehrern, aber auch am Bildungswillen des Volkes.

Damit das Landvolk seine Kinder überhaupt zur Schule schickte, ging anfangs die Landarbeit vor die Schulpflicht. Daher sollte der tägliche Unterricht nur im Winter sein, wenn die Kinder nicht zur Landarbeit mussten und sonntags nach dem Gottesdienst sollte Sonntagsschule sein, aber auch die wurde kaum angenommen. Unentschuldigtes Schulschwänzen war unter Strafe gestellt, die Bauern waren daher bei den Entschuldigungsgründen recht einfallsreich.

So sind z.B. für das Jahr 1667 für das Amt Lutter folgende Entschuldigungen überliefert:
- Hans Bossen hat 2 Söhne bei den Pferden und 1 Mädchen bei den Kindern und Gänsen
- Henning Blomberg hat einen Sohn von 4 Jahren und eine Tochter von 7 Jahren welches die Gänse hütet. Er hat schwere Not!
- Heinrich Pully ist es unmöglich 1 Mariengroschen (8 Pfg.) Schulgeld die Woche zu zahlen. Falls 4 Pfg. aus der Armenkasse kommen, dann wird sofort das Kind geschickt.
- Siemon Rühmann gibt an, seine Tochter sei 12 Jahre und so lange zur Schule gegangen, dass sie ein Evangelium lesen könne. Das müsse reichen, er müsse dieselbe nun zur Arbeit behalten.
- Hans Schatz würde sein Kind gern zur Schule schicken, er hat aber weder Kleider noch Schuhe für sie.

Aber auch das Schulmacherdasein war zur damaligen Zeit kein leichtes. So schrieb die Herzoglich Braunschweigische Schulordnung von 1651: „Wer sich für die Jugend bestellen lassen will, muss mit gestrengem Leben in Hunger, Durst, Blöße und Mangel an aller Notdurft rechnen und dass er von Jedermann verachtet und unter die Füße getreten wird.“ Der Schulmeister war dem Pfarrer direkt unterstellt und er war somit Kirche und Staat zugleich verpflichtet. Und beide forderten die Pflichten des Küsters und Schulmeisters ein, wollten dessen Brot aber möglichst nicht bezahlen. Das wenige, das ein Schulmeister erhielt, kam vorrangig aus den Kirchenämtern. Wie viel dem Staat anfangs die Volksbildung wert war, zeigt folgender Erlass aus der gleichen Schulordnung: „Im kleinsten Dorf sind die Bewohner mit Fleiß darauf bedacht, dass sie ihre Kuh-, Schweine- und Schafhirten und dem Gesinde den notwendigen Unterhalt verschaffen. Unter Tränen ist es aber zu beklagen, dass sich unter 1000 kaum einer findet, der bereit ist, monatlich etwas herzugeben, wovon der Schulmeister seinen Unterhalt haben könnte, trotzdem er nicht ihr unvernünftiges Vieh, sondern ihre leiblichen Kinder anführen und mit unsäglichen Mühen unterweisen muss. Darum hat jeder Einwohner soviel zur Besoldung des Schulmeisters zu entrichten, wie er dem Kuh- und Schweinehirten gibt.“. Die Besoldung der niedersten Arbeit des Hirten wurde also mit der des Schulmeisters auf eine Stufe gestellt. Es war dem zu Folge nicht verwunderlich, dass die Schulmeister auch einfachste Arbeiten annahmen und auch vor Bittgängen nicht zurückschreckten, um ihr Überleben zu sichern. Das brachte dem Dorfschulmeister natürlich nur Verachtung und Geringschätzung unter der Dorfbevölkerung ein. Trotzdem begann sich langsam aber stetig ein Stand zu entwickeln, der dieses wenig geschätzte Amt als Lebensaufgabe anzusehen begann und sich dadurch zunehmender Wertschätzung durch die Bevölkerung erfreuen konnte.

Im 18. Jahrhundert nahm der stete Mangel an tüchtigen Schulmeistern daher langsam ab und auch bei der Landbevölkerung wuchs die Erkenntnis, dass die Schule eine gute Basis fürs spätere Leben schuf. Anfangs waren fast nur Handwerker in den Schulstuben, da das Handwerk den Lebensunterhalt der Lehrer sicherte. Aber ab dem 18.Jahrhundert taten dann zum Bespiel junge Geistliche diesen Dienst oder oft auch Studenten, die sich ein weiteres Studium nicht leisten konnten. Die Schulräume waren oftmals in den Nebengebäuden der Kirchen untergebracht. Die Schulmeister, die auch als Küster bezeichnet worden, bezogen ihr Einkommen aus Kirchenämtern sowie aus Schulgeld und fanden so langsam einen auskömmlichen Lebensunterhalt. Trotzdem war es für die Schüler wie auch für den Lehrer nicht einfach. Ausstattungen für diese Schulen gab es nicht, als Lehrbücher dienten die Heilige Schrift sowie Gesangsbücher. Gerechnet wurde im Kopf und um etwas Schreiben zu lernen war viel Improvisation erforderlich, den die Schultafel wurde erst um 1800 eingeführt.

Das damalige Volksschulwesen ist für uns heute unvorstellbar. Sie waren in der Regel Einlehrerschulen, und dass für viele Dutzend Kinder in größeren Dörfern sogar teilweise mehrere hundert. Dabei waren vom Lehrer die verschiedensten Altersstufen, die unterschiedlichsten Anlagen der Kinder und vor allem der unterschiedliche Bildungsstand zu berücksichtigen. Es gehörte wohl ein unverwüstlicher Idealismus dazu, unter diesen Bedingungen eine oftmals jahrzehntelange Dienstzeit unbeschadet zu überstehen, die oftmals erst mit dem Tod des Schulmeisters endete. Denn Pensionen für Lehrer, die kannte man damals noch nicht. In den größeren Dörfern wurde vom Amtsmann bei großer Schüleranzahl oftmals ein zweiter Lehrer gefordert. Das wurde aber von den Schulmeistern dann kategorisch abgelehnt, denn der hätte sich das Einkommen mit dem zweiten Lehrer teilen müssen, was wohl für beide nicht zum Leben gereicht hätte. Stattdessen wurden häufig die Familien der Schulmeister mit in den Dienst einbezogen. Konnte der seinen Dienst nicht versehen, so musste er sich eines Gehilfen bedienen, den man Adjunkt nannte und den er selbst entlohnen musste. Das war dann oftmals die Ehefrau, aber auch die Kinder des Schulmeisters wurden schon früh dafür herangebildet. Blieb eine Lehrerfrau als Witwe zurück, so war sie unversorgt. Daher übernahm nicht selten ein Sohn das Amt, wodurch das Schulmeisteramt zum Teil eine Art Erbamt wurde. Da in den ländlichen Haushalten nur wenig Geld vorhanden war, wurde auch der Schulmeister, wie übrigens auch der Pfarrer, oftmals in Naturalien bezahlt.

Abschließend möchte ich als Überblick einen bunten, überlieferten, jährlichen Schulmeistergehaltszettel aus dem Jahr 1800 zur Information geben:
- Deputat Rogen vom Amt sowie von den einzelnen Höfen 2.500 kg
- 36 qm Brennholz
- von den Brinksitzern (Hausbesitzer ohne eigenes Land) 4 Taler 45 Groschen
- Organistengeld vom Kirchenamt 10 Taler
- Ertrag aus der Bewirtschaftung von eigenem Acker und Wiesen 40 Taler
- Mietwert der Wohnung 40 Taler
- Von jeder Person, die zum Abendmahl geht 8 Pfennig
- Graspacht auf den Friedhöfen 5 Taler
- Schulgeld 300 Taler
- 20 Würste und 20 Brote als Abgabe vom Pastor
- 1/3 der abgebrannten Wachskerzen von der Christmesse
- 25 Kg Rübsamen von einem Hof ohne Geld
- Für Altarzeugreinigung 36 Groschen
- Für das Stellen der Kirchenuhr 2 Taler
- Weidefreiheit für 2 Kühe, 1 Rind und 3 Schweine
- Privatunterricht 2 Taler 40 Groschen
Der Schulmeister (Küste) vertrat auch den Pastor:
- Für 1 Hochzeit 1 Schnupftuch
- Für 1 Kindtaufe 4 Groschen 4 Pfg.
- Für das Schreiben von 3 Gevatterbriefen (Taufpatenurkunde) 4 Groschen 4 Pfg.
- Für die Taufe eines unehelichen Kindes (machte der Pastor meist nicht) 18 Groschen
- Für Leichensermon (Grabrede) 39 Groschen
- Kindbett-Einsegnung 10 Groschen
- Krankenbeichte im Hause 10 Groschen
- Orgelpflege 10 Taler
- Für die Pflege der Kirchenuhr 3 Taler

Besonders von Bedeutung war für den Schulmeister die Pflege und Wartung der Kirchenuhr. Die war für die Bauern von besonderer Bedeutung, denn eine eigene Uhr besaßen sie nicht und so richtete sich der Herrendienst auf den Amtshöfen nach der Kirchenuhr. Daher nahmen sich viele Schulmeister auch die Reparatur dieser Uhren an, denn deren Reparatur mussten sie selbst bezahlen. Wenn die Uhr nicht funktionierte, so waren sie verpflichtet auf den Turm zu steigen und regelmäßig die Glocke zu schlagen.

Mitte des 18.Jahrhunderts kam dann etwas Zucht und Ordnung in das Volksschulwesen. Nachdem die Preußen unter Friedrich dem Großen eine verbindliche Schulordnung eingeführt hatten, zogen die Welfen unter Herzog Karl I. nach. Es kam die Verfügung, dass die Dorfjugend bei Strafe des doppelten Schulgeldes, wenigstens 2 Tage in der Woche die Schule besuchen mussten. Die Braunschweiger „Weisenhaus-Druckerei“ brachte die ersten „Buchstabierbücher“ sowie eine „Einleitung in die Bibel“ heraus. 1753 trat dann im Herzogtum Braunschweig die „Schulordnung für Landschulen“ in Kraft, die eine der bedeutendsten Schulordnungen in Deutschland wurde. In ihr war festgelegt, dass alle Kinder im Alter von 4 bis 14 Jahren der Schulpflicht unterlagen. Verbindlich teilnehmen mussten alle Kinder am Religions- und Leseunterricht, Rechnen und Schreiben waren freigestellt.

In dieser Schulordnung wurde zum ersten Mal vom Schulmeister ein Berufsethos gefordert. Weiter war gesetzlich festgelegt: Pünktlichkeit, die Lehrerarbeit nicht der Ehefrau oder den Kindern zu überlassen, kein Gewerbe in den Schulräumen zu betreiben sowie körperliche Züchtigung in der Schule auf ein Minimum zu beschränken. Am Morgen sollten 3 Stunden und am Nachmittag 2 Stunden Unterricht stattfinden. Die größeren Kinder, die ab 8 Jahre als arbeitsfähig eingestuft wurden, mussten im Sommer täglich nur 1 Stunde zur Schule.

Diese Gesetze sollten etwas mehr Bildung und Kultur in die ländlichen Schichten bringen, stießen aber auf viel Widerspruch und Ärgernis. Nur mit drastischen Strafen war es anfangs möglich, einige widerspenstige Bauern von der Notwendigkeit eines Schulbesuchs ihrer Kinder zu überzeugen. Für jeden Tag Unterrichtsversäumnis musste 1 Mariengroschen Strafe gezahlt werden. Ab dem 10 Tag ging es dann für den Vater für jeden versäumten Schultag eine Tag ins Amtsgefängnis.

In Preußen gab es ab ca. 1749 und in Braunschweig ab 1751 die erste Ausbildung für Lehrer.

Weitere Informationen unter: „Alte Elementarschule“ in Gernrode

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Copyright der Fotos und der Texte Bernd Sternal 2011