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Das längste Musikstück der Welt

In Halberstadt stand einst die Wiege der modernen Musik. Es war das Jahr 1361, als Bischof Ludwig von Meißen, eine neue Orgel in den Dom einbauen lies. Sie war die erste Großorgel der Welt, die mit einer zwölftonigen Klaviatur ausgestattet war. Bis heute wird dieses Klaviaturschema in Orgeln, Klavieren und Flügeln eingesetzt.

Über 600 Jahre später, im Jahr 1997, trafen sich im baden-württembergischen Trossingen Organisten, Orgelbauer, Musikwissenschaftler, Theologen und Philosophen zu einem Orgelsymposium. Unter anderem wurde darüber diskutiert, wie ein Orgelstück des amerikanischen Allround-Künstlers John Cage ( 1912-1992) mit der Tempovorgabe „As slow as possible“ zu interpretieren und aufzuführen sei. Das allgemein anerkannte Resultat der über die ästhetisch - philosophischen Aspekte diskutierenden Fachleute – „so langsam wie möglich“. Potentiell kann man das Stück, mit dem avantgardistischen Titel Organ2/ASLSP unendlich denken und spielen.

Eine Projektidee war geboren, die in ihrer Einmaligkeit kaum zu überbieten ist. Das John-Cage-Stück soll über einen Zeitraum von 639 Jahren gestreckt, gespielt werden und somit zum längsten jemals aufgeführten Musikstück werden. Dazu wurde die Originalversion, die 29 Minuten lang ist, auf die geplante Aufführungszeit von 639 Jahren hochgerechnet. Startschuss für das John-Cage-Projekt war das Jahr 2000, denn in diesem Jahr waren es genau 639 Jahre her, seit in der Bischofsstadt Halberstadt jene Blockwerksorgel aufgestellt wurde, die Musikgeschichte schrieb.

Um 1050 lies Bischof Burchard von Nahburg eine Kirche bauen, die zu den ältesten in Halberstadt zählt. Sie wurde nach ihrem Erbauer Burchardikirche genannt und diente über 600 Jahre als Zisterzienserkloster. Während des dreißigjährigen Krieges wurde die Burchardikirche weitgehend zerstört, 1711 aber wieder aufgebaut. Aber schon 100 Jahre später kam das Ende für die Kirche, sie wurde säkularisiert und diente fortan nur noch als Speicher, Scheune, Stall und Schnapsbrennerei. Von Johann-Peter Hinz wurde diese romanische Kirche nach 190 Jahren wiederentdeckt. Durch die Unterstützung der Stadt Halberstadt und vieler Sponsoren und Unterstützer konnte das desolate Bauwerk soweit gereinigt, gesichert und wiederhergestellt werden, dass am 5. Februar 2003 der erste Akkord gespielt werden konnte. Es war der 89. Geburtstag von John Cage. Seitdem ist viel geschehen! Die Medien haben weltweit über dieses außergewöhnliche Musikprojekt berichtet, dass die Musikgeschichte in Halberstadt fortschreibt.

Heute, im Juni 2009, haben bisher 8 Klangwechsel stattgefunden. Wir hören derzeit in der Kirche den Klang einer kleinen Orgel, die aus sechs Orgelpfeifen besteht und mit der Aufführungsdauer wächst. Im Jahr 2000 erfolgte die Gründung der John-Cage-Stiftung, 2005 wurde der Förderverein John-Cage-Orgel-Kunst-Projekt gegründet und 2006 folgte eine John-Cage-Akademie. Alle diese gemeinnützigen Institutionen haben den Zweck, das John-Cage-Orgelprojekt nachhaltig zu finanzieren. Die John-Cage-Orgel, die einmal hunderte von Jahren überstehen und bespielbar sein soll, ist noch in Planung. Sie wird entworfen und gebaut vom Orgelbauer Romanus F. Seifert & Sohn aus Kevelaer mit Unterstützung der Firma Hüfken-Orgelbau aus Halberstadt.

Es ist ein Projekt von fantastischen Zeiträumen und Dimensionen. Wer hat schon eine Vorstellung davon, wie unsere Welt in fünf- oder sechshundert Jahren aussehen mag? Und wie die kommenden Generationen dieses Musikprojekt wahrnehmen, interpretieren und fortführen werden. Auch sind Frieden, künstlerische Freiheit und Traditionsbewusstsein Grundvoraussetzungen für ein Finale im Jahr 2639. In einer schnelllebigen Zeit wie der unseren, übt ein Musikprojekt mit dem Motto „So langsam wie möglich“ eine gewaltige Faszination auf die Menschen aus.

Zehntausende Besucher aus aller Welt, oder sollte man sie lieber Musikliebhaber nennen?, sind bisher in diese alte romanische Klosterkirche gepilgert, um sich von den unendlich langen Tönen inspirieren zu lassen. Ein famoses Projekt, ein Projekt von dem wir Sterblichen nur den Prolog erleben werden. Wir brauchen mehr solcher Ideen und Projekte. Nicht um der Besucher willen, sondern um der Sinnhaftigkeit unseres hektischen, nur von Mammon geprägten Zeit einen Gegenpol zu setzen.
Weitere Informationen unter https://www.john-cage.halberstadt.de

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Copyright der Fotos und der Texte Bernd Sternal 2009