Von
Wippra kommend, kurz vor
Sangerhausen, zweigt die L 232 ins schöne Helmstal ab. Über
das Bergbaudorf Wettelrode gelangt man in das 200 Seelen
zählende Morungen. Dieser kleine Ort am Südharzrand, weitab
touristischer Pfade, hat eine lange Geschichte. Bereits im
9.Jahrhundert wurde er im „Hersfelder Zehntregister“ urkundlich
erwähnt. Was die Anzahl der Burgen, bezogen auf die
Einwohnerzahl, betrifft, so nimmt Morungen diesbezüglich sicher
einen nationalen und internationalen Spitzenplatz ein. Zwei
Schlösser und zwei Burganlagen kommen auf die 200 Morunger. Für
Geschichtsinteressierte ist dieser Ort allemal einen Besuch
wert. Aber über die geschichtsträchtigen Baulichkeiten werde ich
in einem späteren Beitrag berichten. Allerdings spielt in diesem
Beitrag einer dieser Burganlagen eine bedeutende Rolle.
Etwa
500m westlich des Ortes, auf einer Klippe liegen die Reste der
Burg Alt-Morungen. Lehnsherren der Burg war das obersächsische
Geschlecht derer von Morungen. Zu diesem Adelsgeschlecht gehörte
auch der Minnesänger Heinrich von Morungen, der als erster
harzgebürtiger Dichter angesehen wird. Viel von ihm wissen wir
nicht, auch sein Geburtstag ist nicht belegt. Seine Lebenszeit
ist in zweite Hälfte des 12. sowie den Anfang des
13.Jahrhunderts einzuordnen. Morungen gehörte zu den Dichtern
der Frühzeit des Minnesanges. Seine Reime lassen noch einen
gewissen Einfuß französischer Lyrik erkennen, die von den
Troubadours geprägt war.
Auch ist Morungen wohl am Hof von
Dietrich dem Bedrängten von Meißen, in dessen Diensten er stand,
mit dem wohl bekanntesten Dichter seiner Zeit, Heinrich von der
Vogelweide, zusammengetroffen. Von Heinrich von Morungen sind
Texte von 35 Minnelieder mit insgesamt 115 Strophen überliefert.
Aufgeschrieben sind diese Werke von Morungen in der Großen
Sammlung des Codex Manesse sowie in der kleinen Heidelberger
Liederhandschrift. Die Melodien zu den Liedern sind leider nicht
überliefert.
Wer nun meint, von Morungen verklärt seine Heimat
Deutschland und den Harz, der irrt. Ein solches Verhältnis zu
Vaterland, Heimat und Natur war diesen mittelalterlichen
Dichtern nicht zu eigen. Heinrich von Morungen war ein sehr
bildhafter Dichter. Seine Lieder und Reime drehen sich in der
Vergleichsachse oftmals um Glanz und Gloria. Im weitesten Sinne
thematisiert er die Minne als mystisch unrealistischen
Lebenseinstellung, die der adligen Feudalkultur des
Hochmittelalters Fesseln umlegt, die entwicklungshemmend sind.
Als Anerkennung für seine hohen persönlichen Verdienste gestand
ihm der Markgraf von Meißen, in dessen Dienste er lange stand,
eine hohes Salär (19 Taler/Jahr) für alle Zeit zu. Dieses Geld
stiftete er dem von ihm und seiner Gemahlin Jutta 1213
gestifteten Thomaskloster zu Leipzig. In dieses Kloster trat er
auch 1217 ein und dort soll er laut alten Quellen auch um 1220
gestorben sein.
Heinrich von Morungen war einer der begnadetsten Dichter seiner
Epoche. Er hatte der Welt Mitteilungen zu machen, die sich bis
heute erhalten haben und noch immer als alltagstaugliche Zitate
taugen: „Sang ohne Freude ist krank“; „Sorge passt nicht unter
frohe Leute“; „ Halte dich an gute Frauen und fliehe die bösen“;
„Vergrabenes Gold bringt keinen Nutzen“; „ Aufpassen macht treue
Frauen wankelmütig“.
Seine Grabstätte existiert nicht mehr, aber mit einem
seiner Lieder hat er sich selbst eine ewige Grabschrift
gesetzt: |
Man sol schreiben kleine
Reht uf dem steine,
der min grap bevart,
wie liep si mir waere
und ich ir numaere.
Swer dan über mich gat,
daz der lese diese not
und gewinne künde
der viel grozen sünde,
die si an ir fründe
her begangen hat. |
Weitere Informationen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_von_Morungen
Die Burgruinen Alt- und Neu-Morungen
>>> Gastgeber in Sangerhausen
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